Ópera Romeo et Juliette - Quatrième Acte
Charles Gounod
Oper Romeo und Julia - Vierter Akt
Erstes Bild
(Das Zimmer von Julia
Es ist noch Nacht. Die Bühne wird erleuchtet
von einer Fackel. Julia sitzt; Romeo
liegt zu ihren Füßen.)
JULIA
Geh! Ich habe dir vergeben,
Tybalt wollte dich töten!
Hätte er gesiegt, wärst du es gewesen!
Weit weg von mir der Schmerz! weit weg von mir das Gewissen!
Er hasste dich und ich liebe dich!
ROMEO
Ach! Sag es nochmal, sag es nochmal, dieses süße Wort!
JULIA
Ich liebe dich, oh Romeo! ich liebe dich,
Oh mein Gatte!
ROMEO UND JULIA
Nacht der Hochzeit!
Oh süße Nacht der Liebe!
Das Schicksal
Kettet mich ohne Rückkehr an dich.
Oh Wonne des Lebens!
Oh mächtige Reize!
Dein süßer Blick berauscht mich,
Deine Stimme berauscht meine Sinne!
Unter deinen feurigen Küssen
Strahlt der Himmel in mir!
Ich habe dir meine Seele gegeben,
Für immer, nur für dich!
(Das erste Licht des Tages
beleuchtet die Fensterglas.
Man hört die Lerche singen.)
JULIA
Romeo! Was hast du?
ROMEO
(aufstehend)
Hör zu, oh Julia!
Die Lerche kündigt uns bereits den Tag an!
JULIA
Nein, nein, es ist nicht der Tag, es ist nicht die Lerche,
Deren Gesang dein besorgtes Ohr erreicht hat,
Es ist die süße Nachtigall, Vertrauter der Liebe!
ROMEO
Es ist die Lerche, leider! Bote des Tages!
Sieh die neidischen Strahlen, die den Horizont vergolden;
Die Fackeln der Nacht erbleichen, und die Dämmerung
Erhebt sich lächelnd im Dunst
Des Ostens!
JULIA
Nein, nein, es ist nicht der Tag, dieser unheilvolle Schein
Ist nur das süße Licht des schönen Sterns der Nächte!
Bleib! Bleib!
ROMEO
Ach! möge der Tod kommen! ich bleibe!
JULIA
Ach! du sagst die Wahrheit, es ist der Tag!
Flieh, du musst deine Julia verlassen!
ROMEO
Nein! Nein! es ist nicht der Tag!
Es ist nicht die Lerche!
Es ist die süße Nachtigall, Vertrauter der Liebe!
JULIA
Es ist die Lerche, leider! Bote des Tages!
Geh! mein Leben!
ROMEO
Ein Kuss, und ich gehe!
JULIA
Grausames Gesetz! grausames Gesetz!
ROMEO
Ach! bleib! bleib noch in meinen verliebten Armen!
Bleib noch! Eines Tages wird es süß sein, an unsere treue Liebe
An diese vergangenen Qualen zu erinnern.
JULIA
Es muss sein, leider!
Es muss verlassen werden diese Arme,
In denen ich dich drücke,
Und dich aus dieser brennenden Ekstase entreißen!
ROMEO
Es muss sein, leider!
Es muss verlassen werden diese Arme,
In denen sie mich drückt
Und mich aus dieser brennenden Ekstase entreißen!
ROMEO UND JULIA
Ach! dass das Schicksal, das dich von mir trennt,
Grausamer und barbarischer ist als der Tod!
Es muss sein, leider!
Es muss verlassen werden diese Arme,
In denen sie mich/drücke ich dich
Und es ist vorbei, mich zu dieser brennenden Ekstase zu entreißen!
ROMEO
Leb wohl! meine Julia! Leb wohl!...
JULIA
Leb wohl!...
ROMEO UND JULIA
... immer für dich!
JULIA
Leb wohl! meine Seele! Leb wohl mein Leben!
Engel des Himmels! ich vertraue ihn euch!
GERTRUDE
(eintretend, in großer Aufregung)
Julia!
(sich beruhigend)
Ah! der Himmel sei gelobt!
Dein Gatte ist gegangen! hier kommt dein Vater!
JULIA
Gott! könnte er es wissen?
GERTRUDE
Nichts! nichts, hoffe ich!
Bruder Laurent folgt ihm!
JULIA
Herr! beschütze uns!
(Eintritt von Capulet, gefolgt von Bruder Laurent.)
CAPULET
Was! meine Tochter, die Nacht ist kaum vergangen,
Und deine Augen sind offen,
Und du bist bereits auf!
Ach! unser Sorgen, sehe ich, sind gleich,
Und dasselbe Bedauern beschleunigt unser Erwachen!
Möge das Hochzeitslied den Schrei der Alarmglocken folgen!
Treue bis zum letzten Atemzug, den Tybalt gebildet hat,
Nimm von ihm den Gatten, den sein Mund benannt hat,
Lächle mitten in deinen Tränen!
JULIA
Dieser Gatte... wer ist er?
CAPULET
Der mutigsten von allen,
Der Graf Paris!
JULIA
(zu sich selbst)
Gott!
BRUDER LAURENT
(leise, zu Julia)
Schweige!
GERTRUDE UND BRUDER LAURENT
Beruhigt euch! Beruhigt euch!
CAPULET
Der Altar ist vorbereitet, Paris hat mein Wort,
Seid vereint, beide ohne auf morgen zu warten!
Möge der Schatten von Tybalt, der bei dieser Hochzeit anwesend ist,
Endlich beruhigen und trösten.
Der Wille der Toten,
Wie der Wille Gottes selbst,
Ist ein heiliges Gesetz, ein höchstes Gesetz!
Wir müssen den Willen der Toten respektieren!
JULIA
(für sich)
Fürchte nichts, Romeo, mein Herz ist ohne Reue!
GERTRUDE
Lass uns die Toten in Ruhe schlafen lassen, in ihren Gräbern!
CAPULET
Wir müssen den Willen der Toten respektieren!
BRUDER LAURENT
(für sich)
Sie zittert, und mein Herz teilt ihr Bedauern!
CAPULET
Bruder Laurent wird dir deinen Pflicht aufzeigen.
Unsere Freunde werden kommen, ich werde sie empfangen.
(Er geht, gefolgt von Gertrude.)
JULIA
(zu Bruder Laurent)
Mein Vater! alles drückt mich nieder! alles ist verloren!
Ich habe, um dir zu gehorchen,
Mein Verzweiflung und meine schuldige Liebe versteckt;
Es ist an dir, mir zu helfen,
An dir, mich aus meinem elenden Schicksal zu reißen!
Sprich, mein Vater, sprich! oder ich bin bereit zu sterben!
BRUDER LAURENT
So, der Tod beunruhigt deine Seele nicht?
JULIA
Nein! Nein! lieber der Tod als diese schändliche Lüge!
BRUDER LAURENT
Trink also dieses Getränk:
Und von den Gliedern zum Herzen
Wird sich plötzlich eine kalte Schwäche verbreiten,
Von der toten falschen Abbild.
Plötzlich wird das Blut in deinen Adern stehen,
Bald wird eine blasse Blässe
Die Rosen deines Gesichts auslöschen;
Deine Augen werden geschlossen sein, wie im Tod!
Vergeblich werden dann Schreie des Alarms ertönen,
"Sie ist nicht mehr!" werden deine weinenden Gefährtinnen sagen,
Und die Engel des Himmels werden antworten:
"Sie schläft!"
Dort, nach einem Tag, wird dein Körper und deine Seele,
Wie von einer erloschenen Flamme wiedergeweckt,
Endlich aus diesem schweren Schlaf kommen;
Durch den Schatten geschützt, werden dein Gatte und ich selbst
Deinen Aufwachen beobachten
Und du wirst dem entgegenfliehen, der dich liebt!
Zweifelst du?
JULIA
(das Fläschchen nehmend)
Nein! Nein! In deiner Hand gebe ich mein Leben auf!
BRUDER LAURENT
Bis morgen!
JULIA
Bis morgen!
(Brother Laurent geht.)
Gott! welch ein Schauer läuft durch meine Adern?
Wenn dieses Getränk keinen Einfluss hätte!
Fruchtlose Ängste!
Ich werde dem Grafen nicht gehören gegen meinen Willen!
Nein! Nein! dieses Dolch wird der Wächter meines Glaubens sein!
Komm! komm! Liebe, beleb meinen Mut,
Und vertreibe die Angst aus meinem Herzen!
Zögern ist dir Unrecht anzutun,
Zittern ist ein Mangel an Glauben!
Gieße! gieße! Gieße selbst dieses Getränk!
Ah! Gieße dieses Getränk! Oh Romeo! ich trinke auf dich!
Aber wenn ich morgen in diesen grässlichen Gräbern
Vor seiner Rückkehr erwachen würde? Mächtiger Gott!
Dieser schreckliche Gedanke hat mein ganzes Blut gefroren!
Was werde ich in diesen Dunkelheiten werden
In diesem Aufenthalt des Todes und des Jammerns,
Das die vergangene Jahrhunderte mit Knochen gefüllt hat?
Wo Tybalt, blutend von seiner Wunde,
Neben mir, in der dunklen Nacht schlafen wird!
Gott, meine Hand
Wird seiner Hand begegnen!
(Verwirrt, als würde sie den Geist von Tybalt sehen)
Wer ist dieser Schatten, der den Tod entgangen ist?
Es ist Tybalt! Er ruft mich! Er will meinen Gatten
Von meinem Weg wegschieben!
Und sein tödliches Schwert;
Nein! Geister! Verschwindet!
Schwindet, unheiliger Traum!
Möge der Morgen des Glücks aufleuchten
Über den Schatten vergangener Qualen!
Ach, Liebe, belebe meinen Mut,
Und vertreibe die Angst aus meinem Herzen!
Zögern ist dir Unrecht anzutun,
Zittern ist ein Mangel an Glauben!
Gieße! gieße! Gieße selbst dieses Getränk!
Ah! Gieße dieses Getränk! Oh Romeo! ich trinke auf dich!
Zweites Bild
(Eine Galerie des Palastes.
Hinten die Türen der Kapelle.
Hochzeitszug. Ein Orgelvorspiel ist zu hören;
Die Türen der Kapelle öffnen sich;
ein Zug von Klerikern und
Chorkindern betritt die Bühne.)
JULIA
Ach! ich zittere! Unglückliche!
Grausames Gesetz!
Oh tödlicher Schrecken!
Seine Zuneigung hat mich beraubt!
Oh grausames Gesetz!
Tödlicher Schrecken!
Er allein ist mein Leben,
Meiner Treue,
Das gnadenlose Schicksal hat ihn von mir getrennt!
GERTRUDE
Grausames Gesetz!
Oh tödlicher Schrecken!
Oh Juliette, die Unglückliche!
Die Hoffnung ist dir geraubt,
Gib dich den Übeln des Lebens hin!
Dem unerbittlichen Schicksal
Muss das Gesetz ertragen werden!
PARIS, CAPULET, CHOR
Oh Juliette, sei glücklich!
Meine/seine liebende Seele
Geht deinem Gesetz nach! Oh Juliette, sei glücklich!
Sieh, meine/seine liebende Seele
Geht deinem Gesetz nach!
Wenn selbst Gott dich dazu einlädt,
Lächle dem Leben zu, das sich dir eröffnet!
Mein/sein Herz wird dir für immer seine Treue schenken!
BRUDER LAURENT
Oh Juliette! Deine Seele kann an mich glauben!
Oh Juliette! Sei glücklich!
Deine liebende Seele kann an mich glauben!
Wenn selbst Gott dich dazu einlädt
Ach! lächle dem Leben zu, das sich dir eröffnet!
Deine Seele kann an mich glauben.
Der Himmel beschütze dich und pass auf dich auf!
CHOR
Oh Juliette! Sei glücklich!
Seine liebende Seele folgt deinem Gesetz!
Sein Herz wird dir für immer seine Treue schenken!
CAPULET
Meine Tochter, füge dich den Wünschen des Geliebten, der dich liebt!
Der Himmel wird uns durch ewige Bande vereinen!
Von dieser gesegneten Trauung ist der Augenblick gekommen!
Das Glück erwartet euch an den Füßen der heiligen Altäre!
(Paris tritt vor und bereitet sich vor
seinen Ring an Julias Finger zu stecken.)
JULIA
(zurückziehend ihre Hand und halb im Traum)
Der Hass ist die Wiege dieser tödlichen Liebe!
Möge der Sarg mein Hochzeitsbett sein!
(Sie führt die Hand zu ihrem Kopf und löst ihre
Brautkrone; ihre Haare fallen
über ihre Schultern.)
CAPULET
Julia! Komm zu dir!
JULIA
Ach! Halt mich! ich schwanke!
(Man umgibt sie und stützt sie.)
Welche Nacht umgibt mich?
Und welche Stimme ruft mich?
Ist es der Tod? ich habe Angst! mein Vater! adieu!
(Sie fällt leblos in die Arme
derjenigen, die sie umgeben.)
CAPULET
(verwirrt)
Julia! Meine Tochter! ach!
(entsetzt)
Tot!
ALLE
Tot!
CAPULET
(mit Verzweiflung)
Tot!
ALLE
Gerechter Gott!